32 Stunden

So lang saß ich wenn mans mal zusammenrechnet in den letzten zwei Wochen im Bus. In Deutschland für mich nahezu unvorstellbar, da war man schon geschafft nach 2/3 Stunden Fahrt mit dem Zug, aber hier gar nicht soo das große Problem 🙂

Vor zwei Wochen ging es für mich in der Midterm Break nach Singida. Ich wollte Freitag nochmal in die Schule zum school-closing gehen und mich dann ausgeruht Samstags auf die 12stündige Fahrt machen. Naja es kommt wie immer alles ein bisschen anders als man denkt.. Also ging es spontan Freitag abend für mich zu einer Wedding Send-Off. Hier wird die Braut (Mitarbeiterin von Tayodea) von ihrer Familie verabschiedet und es wird gefeiert, gegessen und Geschenke werden übergeben (danach hat sie einen kompletten Hausstand). Von David und Theresia wurde ich eingesammelt und es ging nach Lushoto in die Lodge wo wir schliefen. Wie beschreibe ich am besten die Feier… Voll, laut und geplant (mehr oder weniger) trifft es glaube ich ganz gut. Reizüberflutung schon beim betreten in die Halle. Alle Wände waren abgehängt mit Tüchern, blinkende Lichterketten, Plastikstühle mit glänzendenden Stuhlhussen, ein Moderator, ein DJ, riesige Boxen, ein Kameramensch und vorne eine Prunkvolle Empore. Die Stühle füllten sich und ich schätze mal es wurden so etwa 200+ Gäste. Dann fing der Moderator mit dem Programm (das laut Plan, der ausgelegt war, sogar auf fünf Minuten genau war 😀 ) an und die Prozedur begann. Es war alles ziemlich langwierig, vor allem weil ich auch kaum etwas verstand… Viele Rituale wurden durchgeführt und irgendwann ging es dann an das Öffnen der Champagnerflasche. Warum ich das hier schreibe? Wenn man mal genauer den Plan gelesen hätte, wäre aufgefallen, dass bei dem Punkt „Öffnen der Champagnerflasche“ als Verantwortlicher mein Name zu finden gewesen war 😀 Es hat auch niemand für nötig gehalten mich mal vorher zu fragen oder so. Mit viel Überwindung hab ich es dann geschafft, vor der ganzen Gesellschaft die Flasche zu öffnen, sie von allen engen Verwandten noch anfassen zu lassen und es war eigentlich ganz lustig (für dir Zuschauer wahrscheinlich mehr als für mich 😀 ). Es wurde noch gegessen und bis spät weiter gefeiert. Müde fiel ich ins Bett und mein Wecker klingelte mich morgens um kurz nach 5 wieder raus.

Die Fahrt nach Singida musste ich im regular Bus antreten, da leider im großen Reisebus keim Platz mehr war. Ich verbrachte sie also größtenteils damit, in den Kurven nicht in den Mittelgang zu fallen, da die Sitze doch recht schmal waren. Abends um 8 kam ich dann endlich in Singida an und freute mich die anderen wieder zu sehen! Wir verbrachten den Abend am Strand in einem noch nicht fertigen Hotelgebäude mit zwei Südafrikanern und zwei ehmaligen Freiwilligen. Die Rückfahrt nachts zu acht in einem Bajaji gestaltete sich lustig aber alle sind am Ende gut angekommen. Die ersten Nächte schlief ich bei Anna, dort wo wir schon einmal waren und in der Woche noch zwei mal bei Fritzi und ihrer Gastfamilie. Ich ging mit den beiden in die Schule und das Zentrum wo sie nachmittags sind und hab ein bisschen ihren Freiwilligendienst kennen lernen dürfen. Nachmittags und abends sind wir entweder im Pool schwimmen gegangen oder mal auf die Felsen. Ende der Woche habe ich mich dann nochmal auf den Weg (etwa eine Stunde) nach Iguguno zu Louisa gemacht und verbrachte dort noch zwei entspannte Tage bei ihrer Familie. Sonntags hieß es für mich wieder Busfahren und ab nach Hause. Nach etwa einer Stunde hörte ich nur einen kleinen Knall und danach ein komisches pfluppfluppflup unter meinem Sitz… Wir hielten ein paar Meter später an und die Crew stieg aus. Da ich direkt vorne über dem Reifen saß hatte ich beste Sicht auf den teilweise aufgeplatzten und nun komisch verformten Reifen, super. Etwa eine knappe Stunde später ist der Reifen gewechselt, etliche Selfies von Insassen vor dem Bus erledigt und es ging weiter. Nochmal ein Stunde später war meine komplette Hose nass, da mir mein kleiner Sitznachbar seine komplette Sparletta drüber kippte. Nicht mein Tag. Aber auch er ging um.

Auf der Rückfahrt als es die Berge hochging zu mir nach Hause

Hier sollte jetzt eigentlich stehen: Montags hieß es dann für mich wieder Alltag, sprich Schule und Jugendzentrum… Aber wie schon im letzten Beitrag erwähnt gab es Probleme mit dem Migration Office. So machte ich mich Dienstag dann auf dem Weg nach Lushoto und kam mit ernüchternden Nachrichten zurück. Nicht wie von allen gesagt darf ich schon mit dem Reciept vom Work Permit arbeiten, sondern sie wollen es zusammen mit dem Reciept vom Resident Permit vorliegen haben, und das ist noch nicht einmal beantragt. Also heißt es für mich jetzt erstmal warten.. Ich darf nicht in die Schule und ins Jugendzentrum nur als Begleitung von Glory, wenn sie eh arbeiten geht. Wie lange das jetzt braucht und ob sie sich vielleicht doch um entscheiden steht in den Sternen (die ich übrigens beim Zähne putzen immer beobachte 😀 ). Aber ich hoffe, dass es jetzt recht zügig geht, da es sonst ziemlich langweilig werden kann…
Da ich mir dann auch keine Sorgen machen musste, ich würde meinen Unterricht verpassen, machte ich mich schon Donnerstags auf den Weg nach Moshi. Moshi (was übrigens Rauch heißt, wenn ich schon nicht arbeiten darf versuche ich mein Swahili mit Glory zu verbessern) ist eine recht westliche Stadt 4 Stunden entfernt von mir am Fuße des Kilimajaro. Wir hatten dort zwei große Zimmer mit allen neun Freiwilligen zusammen, denn seit Dienstag sind wir endlich komplett mit Rebecca! (Wir dachten jedenfalls, wir wären komplett.. Grade hat Aline, die eigentlich nach Südafrika wollte, geschrieben. Sie kommt wegen Visumproblemen auch nach Tansania, also sind wir bald zu zehnt 🙂 ) Außerdem waren noch Eugene aus Singida und Louisas Gastbruder zu Besuch. Wie es sich für Weiße in Moshi gehört sind wir erstmal in alle Restaurant gegangen in denen es (wie Eugene es so nett ausgedrückt hat) „all Mzungu-Food“ gibt. Sprich wir sehnten uns nach Pizza, Pasta und Burgern. 😀 Wir waren in drei verschiedenen Restaurant über das Wochenende verteilt und es war wirklich ungewohnt so viele Weiße an einem Ort zu sehen, tja was das Essen angeht sind wir halt doch irgendwie Gewohnheitstiere 😀 Freitags sind wir abends Louisas Geburtstag feiern gegangen und am nächsten Tag (nachdem wir ausgeschlafen hatten 😍… Ist bei mir zuhause sogutwie nie möglich 🙁 ) ging es erst zu einem Markt und dann noch zu Nacromart, einem richtigen Supermarkt… Super ungewohnt nach fast zwei Monaten in Shops die man meist nicht mal betreten kann. Tipp für alle die großen Gruppen reisen: um rumzufahren macht euch nicht den Aufwand um euch aufzuteilen sondern nehmt euch doch einfach gleich zu elft ein ganzes Daladala. Macht auch viel mehr Spaß! 🙂 Sonntags war schon wieder Abreisetag, denn die Singida bzw Bukoba Leute hatten noch eine lange Reise vor sich. Ich bin noch etwas mit Paul und Alexandra in der Stadt geblieben und hab mich dann auch auf den Heimweg gemacht…

Die Spitze vom Kilimajaro

„Good morning Madame!“

Jeden Morgen um Punkt 8 / 9:20/ 11 oder 13 Uhr sollte dies in meinen Ohren klingen… Die Realität? Ich komme rein, drei Schüler begrüßen mich und dann fangen erstmal etwa  100 Schüler, die für mich aufgrund der Schuluniform noch so ziemlich alle gleich aussehen, an, Stühle auf den Köpfen von Klassensaal zu Klassensaal zu tragen und überall rumzukramen.

Die letzten paar Meter vor der Schule

Willkommen in der Form IB!

Die älteren Schüler bei der Examination. Die Farbe der Schuluniform wechselt mit der Klassenstufe.


Ich möchte ein bisschen berichten wie das in der Schule bisher so läuft…
Vor etwa drei Wochen hatte David mich hergefahren und nach dem Gespräch mit dem Schulleiter stellte sich heraus, ich solle Form I (drei Klassen à 50-60 Schülern) in Biologie unterrichten, so wie es meine Vorfreiwillige Lynn getan hat. Vorerst hieß es jedoch: Ohne Workpermit, keine Arbeit. Der Grund hierfür abgesehen, dass es natürlich nicht so ganz erlaubt ist (bei den anderen Freiwilligen aus Tansania war es eigentlich kein Problem, dass das Workpermit nachgereicht wird)… Ich bin offensichtlich weiß 😀 und das so ziemlich als einzige hier in der Gegend. Aus diesem Grund meinte der Schulleiter würde ich bei einer Kontrolle direkt auffallen, da es hier im näheren Umkreis sonst keine Freiwilligen gibt. (Heute kann ich sagen: Er hatte Recht, jedenfalls zum Teil.. am Ende nochmal kurz was dazu. 🙄) Ein bisschen geknickt war ich schon aber scheinbar hat er ziemlich schnell seine Meinung geändert. Ich sollte nämlich Montags nach dem Wochenende doch mal zu Schule kommen. Mein Montag gestaltete sich in etwa so wie der folgende Dienstag… aus Warten. Ich wurde nach einem kurzen Besuch beim Academic Office, um dann doch schon meinen Stundenplan zu machen (ich war ein wenig verwirrt?), in den Staff Room verfrachtet und verbrachte beide Tage bis jeweils Nachmittags nur dort und wartete auf meinen Plan. Hört sich jetzt echt langweilig an… War es auch 😀 Jedoch war es auch eine gute Möglichkeit, das noch relativ junge Lehrerkollegium kennen zu lernen.

Mein Platz im Lehrerzimmer der gleichzeitig (wie auch die Couch) als Aufbewahrungsort einiger Lehrer für sämtliche Hefte genutzt wird 😀

In der ersten Woche sollte mich Madame Amina mitnehmen und mir alles ein wenig zeigen. Sie war die derzeitige Bio-Lehrerin der Form I, die ich (wie ich es Mittwochs dann erfahren habe) ab der folgenden Woche komplett übernehmen sollte. Mittwoch habe ich dann Madame Amina zu zwei Bio-Stunden begleitet. Danach erstmal durchatmen. Durch meinen Kopf schossen Fragen über Fragen… Gibt es einen Lehrplan? Warum ist die Unterrichtssprache Englisch, wenn es kein Schüler kann? Wie kann ich mich gegen 60 murmelnde Schüler durchsetzen? Und so viele mehr.
Ein paar Erklärungen: Eigentlich sollte die Secondary School komplett in Englisch unterrichtet werden, die Realität sieht anders aus (zumindest in Form I)… Fast kein Schüler versteht mich, wie auch, wenn sie seit sieben Jahren in Swahili unterrichtet wurden.. Über dieses Thema habe ich mit mehreren Lehrern schon lange geredet, es ist kompliziert und von vielen verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten und daher fällt es mir auch noch schwer, eine gefestigte Meinung zu bilden. Mein erster Eindruck war jedoch negativ was dies angeht. Diesen Eindruck hatte ich auch von manchen Lehrern, mit denen ich geredet habe. Ich könnte hier jetzt ne große Argumentation niederschreiben aber das würde den Rahmen vom Beitrag jetzt sprengen und dafür bin ich auch erst zu kurz hier. Also kurz und knapp, was mir mit als erstes durch den Kopf läuft zu diesem Thema: die meisten Schüler behalten sich fast nichts von dem Englischen. Sie sitzen im Unterricht, lassen sich voll reden und warten einfach nur drauf, bis der Lehrer es ja doch in Swahili übersetzt. In das Heft wird dann alles, was vom Lehrer angeschrieben wird (ich kann jetzt nur von Madame Amina reden und da war es einfach 1zu1 das Buch), abgeschrieben und für die Examination größtenteils auswendig gelernt. Ich bin gespannt wie ich das weiterhin Wahrnehmen werde…

Aber zurück zur Schule. Ganze zwei Mal war ich mit Madame Amina zusammen im Unterricht, dann ist sie den Rest der Woche einfach nicht mehr gekommen. Da stand ich also Donnerstag, hab 20 Minuten bevor der Unterricht starten sollte erfahren, dass ich ihn doch bitte allein machen soll. Ich war ehrlich gesagt überrannt. (Zu erwähnen, dass Amina an diesem Morgen noch da war und sie es war, die mir gesagt hat, dass sie jetzt geht und ich es bitte allein machen soll) Nach kurzem hin und her hieß es dann, ich soll gar nicht gehen. Na gut, dann halt nicht. Am nächsten Morgen hat mir wieder bis kurz vor dem Unterricht niemand gesagt, dass ich allein bin. Als ich mich dann überall durchgefragt habe, bekam ich gesagt, was ich befürchtet habe und bin dann einfach allein in Klasse gegangen. So stand ich dann vor etwa 60 Schülern die mich nicht verstehen und ich sie leider auch nicht. Mit ach und Krach hab ich die unvorbereitete Stunde geschafft und bin nach Hause gegangen.

Am folgenden Wochenende habe ich dann angefangen mich vorzubereiten. Da für die Examinations der Inhalt des Buches wichtig ist, habe ich die Texte größtenteils umgeschrieben um sie verständlicher zu machen und eine Vokabelliste für die Schüler (und mich 😀 ) erstellt. So ging es dann Montag richtig los für mich und es ist wirklich um einiges besser gelaufen! Ich hab leider nicht das simpelste Thema zum Einstieg aber mit Händen und Füßen (und wunderschönen *hust* Tafelzeichnungen) stehe ich vorne und erkläre die verschiedenen Impfformen oder was unser Immunsystem ist.. Jede Stunde ist was neues und sieht anders aus. Manchmal machen viele mit, manchmal keiner und leider nie alle. Ich muss sagen, aufgrund der Größe der Klasse fällt es auch einfach unglaublich schwer, alle miteinzubeziehen. Auch lustig, wenn 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn ein anderer Lehrer in meine Klasse kommt und im Schlepptau eine andere Form I hat und meint ich solle sie doch bitte diese Stunde mit unterrichten, dann halt knapp 120 Schüler.. kann man mal machen 😀 Dann gibt es halt leider die vier Mädchen hinten in der Ecke, die nichts machen oder den Jungen, der wirklich immer schläft.. man lernt (leider) ein bisschen drüber hinwegzusehen. Die Zeit, die ich nun schon aufgebraucht habe, nur um mit solchen Schülern zu reden geht halt einfach leider drauf und die, die vielleicht grade noch interessiert waren können nur da sitzen und warten. Von Stunde zu Stunde wurde es lockerer und man kann auch einfach mal gemeinsam drüber lachen, wenn ich mich abmühe manche Worte auf Swahili auszusprechen. Ich musste mich jetzt noch die letzten Wochen sehr an Madame Amina halten, da auch sie es war, die den Test aufgestellt hat. Die Mid Term Examinations gingen etwa eine Woche lang und danach waren dann erstmal eine Woche Ferien.

Für mich heißt es jetzt weiter Swahili lernen, dass die Verständigung leichter wird und der Unterricht so hoffentlich besser. Alles in allem kann ich sagen es ist zwar teilweise echt anstrengend wenn man einen Satz sagt, darüber eine Frage stellt und genau 10 Schüler die Antwort wissen (von denen sich die Hälfte nicht traut sich zu melden) aber bis jetzt gefällt mir doch die Atmosphäre in der Schule und das mit dem Unterricht…wie gesagt, ich denke das bessert sich je länger ich da bin und wenn sich dann die Schüler auch an mich gewöhnt haben. Wie oben geschrieben ist das Kollegium noch relativ jung und sehr aufgeschlossen, also hab ich in meinem Freistunden eigentlich immer jemanden zum Reden. Und die hatte ich vor allem in den letzten Wochen gehäuft, da mein Plan nicht ganz mit dem allgemeinen übereingestimmt hat und dann auf einmal zwei Lehrer vorne standen und beide jetzt Unterricht machen wollten 😀 Naja, nach den Examinations soll aber ein neuer Stundenplan kommen, der stimmt dann hoffentlich.. also Pole Pole (heißt sowas wie „Ruhig, Ruhig“ und ist hier ein sehr beliebtes Motto.. bzw eine Einstellung)!

Hier noch meine zwei Schulweg-Funde. Da lohnen sich die 40 Minuten laufen doch 😀 

Ohne die lieben Mädels mit denen ich heim gelaufen bin hätte ich das Chamäleon nie gesehen

Sooo und jetzt mal wieder was aus der Kategorie „Täglich grüßt das Murmeltier“: das Visum… Anscheinend mag mich da wer nicht 😀 Wie ich drauf komme? Am Montag stand (ich war glücklicherweise wegen der Midterm-Break in Singida) scheinbar ein Migration-Officer im Jugendzentrum auf der Matte und hat nach mir gefragt, da ihm gemeldet wurde, dass hier jemand arbeitet. David war zufälligerweise aus Tanga grade dort und hat ihnen erzählt, dass ich noch nicht arbeiten würde sondern ich mich lediglich umschauen würde. Da ich grade in Singida war, konnte ich auch direkt das Reciept mitnehmen, das bezeugt, dass ich mein Workpermit bereits als ich gekommn bin bezahlt habe. Morgen also keine Schule für mich sondern ein Besuch im Migration Office in Lushoto. Ich bin ja mal gespannt was da rauskommt, aber ich hoffe, dass ich dann ab Dienstag offiziell arbeiten darf und sie keine weiteren Probleme machen.