Eigentlich steht der Eintrag über meine erste Zeit in der Schule schon in den Startlöchern, aber hier ein Mini-Einschub über meinen gestrigen Tag. Mal ein bisschen was aus meinem Familienleben.
Von Anfang… Mein kleiner Gastbruder (ich nenne ihn der Einfachheit halber Gastbruder, obwohl er ja eigentlich der Sohn von meiner Gastschwester ist) hatte am 16. September Geburtstag und wurde drei. Seit zwei Wochen war auch klar, dass wir an diesem Tag feiern würden und alle freuten sich drauf. Freitag der 16. war dann nun also da, aber zwei wichtige Personen fehlten: Adbul und Glory 😀 Montags wurde mir gesagt, die beiden kommen morgen aus Tanga, wo sie Abduls Vater besuchen, zurück. Nachdem mir dann Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Freitags genau das Selbe gesagt wurde, habe ich bald angefangen zu zweifeln ob ich die zwei hier je wiedersehe 😀 Samstags standen dann doch endlich Abdul mit seiner Mama vor der Tür… Fünf Tage nach Ankündigung aber ja, das wird hier nicht so eng gesehen. (An der Stelle möchte ich noch einmal erwähnen, dass dies meine persönlichen Eindrücke, Erfahrungen und Gefühle sind, die ich hier mit euch teile. Keinesfalls kann man das, was ich hier erlebe und schreibe verallgemeinern. Würde ich bei unseren Nachbarn wohnen, hätte ich wahrscheinlich andere Eindrücke etc. Das bitte im Hinterkopf behalten! 😉 ) Vielleicht hat Gott es auch einfach so gewollt, in meiner Familie herrscht nämlich stets das Motto „If god wishes…“ („Wenn Gott es wünscht…“). Das erste Mal gesagt bekommen habe ich es am ersten Abend beim Gute-Nacht-Sagen. Meine Gastmama meinte: „Good night and if god wishes till tomorrow.“ Ich war irritiert, eine solche „Verabschiedung“ hatte ich vorher noch nicht gehört und dachte mir einfach nur: Ja aber sicher hoffe ich doch, dass Gott das wünscht?! 😀 Mittlerweile bin ich es gewohnt. Ob ich in die Schule oder ins Bett gehe oder ich frage, wann Glory zurückkommt und wann wir feiern… Stets bekomme ich zu hören „If god wishes till tomorrow/ they come back on Tuesday/ see you later…“. Aber weiter mit der Feier. Samstags fragte ich dann, wann diese stattfinden würde und die Antwort hat mich nicht überrascht. „If god wishes tomorrow“, sagte meine Gastmama zu mir. Mir fiel es noch schwer dem ganzen 100% Glauben zu schenken, aber da wenigstens schon mal alle da waren und wir Zutaten für einen Kuchen zur Kirche gebracht haben, da dort ein Ofen ist, standen die Chancen echt gut. (Spoiler: Sonntags war tatsächlich die Feier!)
Der Sonntag war dann da… Die Kirche morgens um sieben ließ ich (nicht ganz so schweren Herzens) ausfallen, da ich in der Nacht gar nicht schlafen konnte und wartete im Bett auf die Rückkehr von Tamali (so heißt meine Gastmama) und Glory. An Weiterschlafen war leider nicht zu denken, da Soma und Abdul die Musik so laut gedreht haben, dass ich mich nur noch ein wenig unter der Decke verkrochen hab. Nach zwei Stunden (so lange dauert hier die Kirche 😀 ) kamen Glory und meine Mama zurück und hatten tatsächlich schonmal Reis und Kartoffeln mit. Also ging es wirklich los! Mir wurde gesagt, dass wir jetzt heute vormittag zusammen das Essen vorbereiten und abends die große Feier ist. Gesagt, getan. Um 11 saß ich zusammen mit einer Verwandten (?!) draußen und wir haben Mengen an Kartoffeln geschält. Es war lustig, auch wenn wir uns kaum unterhalten konnten… Ich konnte meine fünf Swahili Sätze sagen und das wars dann auch. Dass Lachen nunmal keine Sprache braucht, rettet mich hier täglich! 🙂 Weiter gings mit Zwiebeln, Paprika, Gurke, Kraut… Und dann war soweit auch schon alle geschnibbelt. Es gesellten sich noch zwei weitere Frauen zu uns, ein provisorischer Herd wurde schnell noch für den Reis gebaut (Den man erst picken muss, da hier noch Steinchen drin sind. Und glaubt mir, nichts ist schlimmer als auf nen Stein im Reis zu beißen! :D) und langsam aber sicher Tat sich was. Meine Mama und Glory sind noch diverse Male Erledigungen machen gegangen und als dann Teppich und Tisch aus meinem Zimmer in die Einfahrt gelegt wurden und ich noch eine Luftballongirlande bastelte dachte ich, dass es dann bald losgeht. Um fünf Uhr sollte dieses „bald“ laut Tamali sein.. ab drei kamen verstreut dann ein paar Kinder und später noch ein paar Mütter mit kleinen Babys. Tamalis Mutter trudelte auch bald ein und somit waren wir eigentlich komplett. Ich fühlte mich überall ein bisschen fehl am Platz… Im Wohnzimmer/Flur haben alle weitestgehend schweigend meinen Lieblingssender (siehe letzter Beitrag) geschaut, in der Küche saßen noch die zwei Verwandten und haben dem Essen beim Kochen zugeschaut, Glory ist hin und her gelaufen und meine Gastmama machte sich um kurz vor fünf dann erstmal auf den Weg in die Kirche(!?). Also saß ich da… Hab gewartet und mich gewundert 😀 Um kurz vor sechs, es wurde langsam dämmrig und kühler, kam meine Gastmama zurück und es wurde unruhiger… Glory und Abduli verschwanden nochmal im Zimmer, ich wurde als Fotograf des Abends erklärt und musste zig Fotos vom Essen und den Leuten machen und als Glorys Zimmertür aufging war ich mir sicher, dass es dann jetzt endlich los ging. Vor mir standen in passenden Gewändern das Geburtstagskind mit seiner stolzen Mama. Noch schnell drei Fotos und Abduli wurde in die Einfahrt gesetzt, alle Kinder auf die Stühle vor ihn.
So warteten wir dort bestimmt 20 Minuten, bis dann doch entschieden wurde, er muss mit seiner Mama einlaufen.Also Abduli wieder ins Haus, Kinder wieder alle auf die Stühle drapiert 😀 Endlich fing Mama Tamali an, ein Lied zu singen und alle stimmten ein. Abduli kam mit Glory eingelaufen und er nahm wieder Platz.
Ein „Happy Birthday“ später sprachen alle von dem Kuchen vor Abdul. Ah Mist… Der muss doch scheinbar auch extra rausgetragen werden. Also auch hier wieder auf Anfang.. der Kuchen wieder zurück ins Haus, drei Kinder geschnappt, die ihn dann zu einem Speziellen ich nenne es mal „Kuchenlied“ raustragen und wieder vor ihn stellen. Dann ging das große Füttern los. Mit einem Zahnstocher wurde erst Abduli von seiner Mama und dann die Gäste von Abduli gefüttert (auch ich hab ein Stück bekommen). Dann hat Abduli noch ein paar Geschenke bekommen (üblicherweise Kekse und ein wenig Geld) und die Erwachsenen sind dann alle ins Haus gegangen zum Essen.
Eine halbe Stunde später war alles vorbei.. Der Kuchen wurde unter ein paar Leuten aufgeteilt, die ihn dann mitgenommen haben und die Kinder draußen sind auch bald heim. Anderthalb Stunden hat also die tatsächliche „Feier“ gedauert, ich war ein wenig verdutzt und bin mal gespannt wie es bei Glorys Geburtstag oder so ist ..:) Alles in allem war es ein Tag an dem ich viele kennenlernen konnte, aber so Geburtstagsstimmung kam irgendwie (jedenfalls bei mir) nicht so richtig auf, da alles so ein gestresstes hin und her war. Ich hoffe jedoch Abduli hatte nicht diesen Eindruck und konnte seine Feier genießen! Heute morgen kam er mir schon mit seinem kleinen roten Auto, was ich ihm geschenkt habe, entgegengerannt. Ich freu mich, dass es ihm gefällt 🙂

Und weil es grade so passend ist: Happy Birthday liebe Anne! Ich winke virtuell mal runter zu dir. 🙂 Und ich wünsche dir, dass dein Tag heute nicht so kompliziert wird und du ihn mit nem großen Stück Kuchen genießt! 😀 🎂
Irgendwie liest es sich teilweise schon ein bisschen wie bei unseren Familienfeiern 😄 Stress, viele Leute und immer lachen wenn der Foto kommt…
Allerdings schaffen wir es uns auf einen Tag fast zu legen 😂
…Und kennst du das Kinderschlaflied 🎶 „Guten Abend gute Nacht“, hier ist der Text deinem neuen Ritual sehr ähnlich… Fand ich immer etwas gruselig für Kinder…
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Guten_Abend,_gut’_Nacht
Liebe Grüße
Und dass bei unseren Feiern noch geredet wird, statt zusammen Fernseher zu schauen und nicht nach einer Stunde alle verschwinden 😀 Gefällt mir dann doch besser, wenigstens noch was von den Gästen zu haben 🙈
Ich hatte die Melodie vom Lied direkt im Ohr, den Text kannte ich aber nie so genau 😀 Jetzt wo du es sagt, stimmt ist echt praktisch das selbe. Für mich sind und werden es jedoch nie die Worte werden um jemanden zu verabschieden etc aber jeder wie er will… 😀
Liebste Grüße zurück!
Liebe Marie, schön liest sich dein Tagebuch, zudem sehr interessant was du da alles schreibst. Doch uns sehr fern und zudem ungewohnt – in vielem.
Aber das tut gut – für deine persönliche Weiterentwicklung und überhaupt über den Tellerrand hinaussehen, oder?
Fühl dich von mir umarmt und gebusserlt
Birgit
Vielen lieben Dank, ich freu mich wirklich, dass dir der Blog gefällt!
Ja, da geb ich dir Recht.. ich werde regelmäßig gefragt, was in Tansania anders ist als in Deutschland. Meine Antwort lautet meist: So ziemlich alles. Die Menschen sind anders, das Essen, die Umgebung… Ich könnte die Liste hier noch bisschen weiterführen 😀 Aber ja, es tut gut und es ist einfach unglaublich spannend und meiner Meinung nach auch wichtig zu wissen wie man so woanders lebt. Ich lerne viel von den Menschen, die mich hier umgeben und freue mich, mal Sachen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Allerliebste Grüße von mir. Ich drück dich fest!